Das Schwarze Auge (4.1) Spielabend vom 12.11.2019 “Legendensänger”

Das Schwarze Auge (4.1) Spielabend vom 12.11.2019 “Legendensänger”

“Ein Traum den man alleine träumt, ist nur ein Traum. Ein Traum den man zusammen träumt, wird Wirklichkeit.” Yoko Ono (*1933)


Eben noch schauten wir sechs Helden am Strand, der Otta [Drachenboot] “Seetiger” nach, wie sie mit aufgeblähten Segel aus dem “Thurgnarsfjord” in Richtung “Meer der sieben Winde” fuhr. Kurz zuvor hatte die Mannschaft der “Sturmvögel”-Ottajasko [Schiffsgemeinschaft] ihrer Kapitänin und Hetfrau [Oberhaupt der Schiffsgemeinschaft] Jandra Havallasdottir, erneut ewige Treue geschworen. Selbst der Skalde [thorwalische Barde] Thure Garalsdsson, der nicht mit der “Seetiger” mitfuhr und mit uns zurückblieb, erneute seinen Schwur. Trotz des Urteils des Tribunals, die Streichung aller ihrer Heldentaten der Hetfrau und ihrer Ottajasko aus allen Schriften, Sagen und Liedern vorzunehmen, bat Jandra uns alle, die Erinnerung an sie und die “Sturmvögel” nicht zu vergessen; sondern sie zu bewahren und weiter erzählen. Vor allem zuerst Fenja, unsere Seidkona [Hexe], schwor dies. Und für mich, als Chronist unserer Geschichte, war es ein besonderes Anliegen, unserer Hetfrau, der wir nicht folgen konnten, ihre Anweisungen zu befolgen. In unserer Erinnerung hörten wir die Worte des Skalden Thure: “Die letzte Strophe ist nicht geschrieben.” Die Otta verschwand in der Ferne, wir nahmen neue Geräusche und Gerüche wahr. Ein knisternes Feuer, Tavernenlärm. Eintopfaroma und verschüttetes Bier. Der sanfte Strandwind nahm ab. Räumliche Wärme umgab uns. Dann für kurze Zeit ein gleißendes Licht, dass schnell wieder verschwand. Als wir uns umsahen saß an der Stelle, wo eben noch Thure stand, ein alter Thorwaler auf einen Schemel in der Taverne. Wir befanden uns alle wieder in “Thorguls Gasthaus”, in Kendrar. Es war wieder der 16. Tag im Kornmond [Rondra], 2648 JL [1021 BF]. Der Tag, an dem wir zum ersten Mal Thure gesehen hatten. Der alte Thorwaler auf dem Schemel sah Thure sehr ähnlich, war aber um 40 Winter gealtert. In seinen Händen hielt er, unverkennbar für uns alle, die runenverzierte Handharfe “Godsögnsvanir” (Legendensänger).

16. Tag des Kornmonds im Jahr 2648 JL (nach Jurgas Landung)

Wir Sechs waren alle gekleidet, bewaffnet und gerüstet, wie an jenem Tag, an dem Coran mit dem Händler Franja Pierdorn, in dieser Gaststätte, eine Schatulle übergeben und eine wasserfeste versiegelte Pergamentrolle entgegen genommen hatte. Dieser war nicht mehr zugegen. Aber Coran hielt die Rolle in seiner Hand. Ich hatte meine Laute “Sirene” bei mir, die ich im neiner Erinnerung im tosenden Sturm verloren hatte. Und mein Wurfbeil auch; dass ich, in meiner Erinnerung, auf den Heilari [Heiler/Giftmischer] Harder, in Auriler geworfen und dort gelassen hatte. Allen anderen ging es ähnlich. Jorgan, unser Galdmader [Magier] hatte, in unseren Erinnerungen, seinen Zauberstab im “Meer der sieben Winde”, gelassen. Ich weiss noch, wie Jandra ihn einfach so in´s Meer Warf. Doch nun hielt er diesen jetzt fest in seiner Hand. Und auch Fenja, die noch einige Zeit zuvor, den Verlust ihres zerbrochenen Kampfstabes betrauert hatte, hielt diesen vollständig und heil in ihrer Hand. Die Schankmaid Marada brachte uns gerade sechs Humpen Bier, die Franja zuvor bestellt hatte. Der alte Thure spielte kurz eine Melodie auf der Harfe “Godsögnsvanir”. Dann erhob er sich und legte die Harfe mit einem passenden Behältnis aus Ziegenleder auf unseren Tisch. Thure ging zum Eingang der Gaststätte, wurde immer durchsichtiger für uns, bis er verschwand. Die Harfe aber lag immer noch auf unserem Tisch. Finn nahm einen kräftigen Schluck und verschluckte sich. Als wir Marada nach dem Skalden fragten, wusste sie zuerst nicht, wen wir meinten. Dann erzählte sie uns von einer unheimlichen Geschichte. Tatsächlich soll ein Drauger [Geist], ein geisterhafter Skalde durch die Gegend ziehen und er sei auf der Suche nach einer oder seiner verfluchten Hetfrau.

Ich bat Finn und Jenssei, mir bei der Rekonstruktion unserer Erinnerungen zu helfen. Ich schrieb nun alles neu auf. Schließlich endeten meine Aufzeichnungen an dem Tag, als wir hier in Kendrar eintrafen. Währenddessen untersuchten Jorgan und Fenja die Harfe “Legendensänger”. Sie fanden nur raus, dass das Musikinstrument höchst magisch war. Es gab noch etwas Eintopf zum essen, danach gingen alle schlafen. Finn, Jenssei und ich erst, als wir gemeinsam meinen Text über unsere verlorenen Erlebnisse und Ereignisse der letzten acht Tage, niedergeschrieben hatten. All das Leid in den letzten acht Tagen. Die Trauer über die anscheinlichen Verluste unserer Objekte aber auch der Gewinn unserer Erfahrungen zur See, im Kampf, unserer handwerklichen und wissentlichen Erlebnisse hatten uns stark geprägt. Auch körperliche Ertüchtigungen in dieser Zeit, wie das rudern oder kämpfen hatten uns geformt. Daher leider auch die Verletzungen, die wir in den Kämpfen erfahren hatten. Und diese mussten geheilt werden. Fenja nahm sich zumeist unserer Wunden und Verletzungen an.

17. Tag des Kornmonds im Jahr 2648 JL

Nach einem langen erholsamen Schlaf fassten wir am Morgen einen Plan. Es stand noch die Fahrt nach Olport an. Wir wollten Coran begleiten, der die Schriftrolle dort bei einem Kaupmader [Händler] abgeben sollte. Auf dem Weg dorthin, wollten wir zuerst nach Thorwal fahren, um die Magierschule aufzusuchen, die sich vor allem mit der Kunst der magischen Hellsicht beschäftigte. Dort könnte man vielleicht die Harfe “Legendensänger” untersuchen. Wir waren uns leider uneinig und Jorgan und Fenja verschwörten sich gegen mich. Sie waren irrtümlich in der Annahme, ich wollte die Harfe für mich beanspruchen, da ich diese, als Skalde, tragen wollte.

Es war wohl meine Trauer über den Verlust der herrlichen Handharfe, aus Mammuton [Elfenbein], die mir Jandra in meinen Erinnerungen geschenkt und mit der ich musiziert hatte, die beide magiebegabten dazu hinreissen ließen, mir das magische Musikstück “Legendensänger” auf diebische Weise, vorzuenthalten. Ich fragte Fenja, wo die Harfe sei oder wer sie jetzt hatte. Sie ántwortete mir, sie wusste es nicht. Darauf hin fragte ich Jorgan nach der Harfe. Doch auch er antwortete mir, er wusste es nicht. Doch ich erkannte, dass er log. Im Jähzorn und wütend darüber, zog ich schnell mein Hjalfsmesser [thorwalisches Entermesser] aus der Scheide, hielt Jorgan mit einer Hand fest und drückte ihm mit der anderen Hand die scharfe Klinge an seinen Hals. Ich war fest entschlossen, ihn zu verletzen, sollte er mir nicht die Wahrheit sagen. Ich hatte bisher immer Verständnis für die Situation, des arroganten Magiers. Aber thorwalische Kameraden, die gemeinsam getrunken und gekämpft hatten, zu bestehlen, war für mich in dieser Situation völlig unangemessen. Als Jorgan auf meine erneute Frage nicht antwortete, verletzte ich ihn sehr leicht mit meiner scharfen Klinge. Ein dünner Blutsfaden rann langsam seinen Hals herunter. Erst als Finn eingriff und mich sachlich beruhigte, die Harfe sei sicher, ließ ich von Jorgan ab. Weder er, Fenja und ich entschuldigten uns gegenseitig. Ich gab dem gemeinsamen Vorhaben noch eine Chance. Erst später sollte ich erfahren, das Fenja die Harfe im Rucksack bei sich trug und sie beide gegenseitig um stillschweigen gebeten hatten.

Am Hafen organisierten wir eine Fahrt nach Thorwal. Eigentlich verursachte ich noch eine Verwirrung bei dem Hafenmeister und der Gruppe. Doch als Chronist unserer gemeinsamen Queste, leiste ich mir den Luxus, nicht von meinen peinlichen Auftritt bei der Hafenmeisterei zu berichten. Das Schiff nach Thorwal hieß “Die blaue Möwe”. Die Fahrt kostete uns jeweils fünf Silbertaler und sollte uns schnell nach Thorwal bringen. Finn bot dem Kapitän an, Wachdienst zu halten. Der Kapitän nahm dankend das Angebot der Gjaldskapers [Söldner] an. In der Nacht konnten wir auf dem Schiff wieder ein wenig regenerieren und unsere Kräfte erneuern. Es standen noch das Problem unserer Bezahlung im Raum und Coran erinnerte uns daran, ihn nur für den Begleitschutz nach Kendrar zu entgelten, wenn er für seinen Auftrag bezahlt würde. Er und Jorgan hatten noch eine eigene Abmachung für Jorgans Akademie getroffen. Mir persönlich war das Geld grundsätzlich egal, solange ich nicht auf der Straße betteln musste. Mein alter Mentor und ich waren beinahe eine Dekade lang in thorwalischen Ländereien, fast ohne Geld unterwegs. Als Skalde verhungerte man unterwegs selten. Während unserer Besprechung kamen uns die Orte in den Sinn, die wir noch aufsuchen wollten. Darunter die “Windbrecher”-Ottajasko, die mit der “Sturmvögel”-Ottajasko befreundet war. Oder die Schatzinsel von Jandra, die sie “Laskar” nannte.

18. Tag des Kornmonds im Jahr 2648 JL

Wir erreichten Thorwal-Stadt und gingen von Bord des Schiffes. Wir gingen direkt zur “Schule der Hellsicht”, der hiesigen Magierschule. Jorgan bemühte sich, unsere Erfahrungen in der letzten Zeit und sein Anliegen, seiner Vorgesetzten zu erklären. Ergänzend durfte ich das Lied von Jandra Sturmkind präsentieren, wie wir es gemeinsam rekonstruiert hatten. Um es kurz zu beschreiben, erlaubte die Spektabilität [Leiter einer Magierakademie] uns sowohl den längerfristigen Auffenthalt in ihren Gebäuden, als auch eine (Teil-)Finanzierung der Expedition nach Olport. Sogar Coran´s bisherige Schulden wurden ihm erlassen. Die magische Harfe war der Beweis für Jorgans Bericht.

Für den Rest des Tages hatte Finn für Coran, Jenssei und mich körperliche Ertüchtigungen und Kampfübungen vorgesehen, die wir auf dem Hof der Schule absolvieren durften. Währenddessen beschäftigten sich Jorgan und Fenja mit magischen Untersuchungen, Unterredungen und Bücherwälzen in der Bibliothek der Schule. Am Abend wollte Fenja die Ottajasko der “Sturmkinder” besuchen. Wir anderen begleiteten sie. Fenjas Anliegen war, dem Schwur gerecht zu werden, den sie Jandra gegenüber geleistet hatte, sie zu rächen und vor allem ihre Geschichte zu erzählen. Der Hetmann der “Sturmkinder” hieß uns willkommen und es wurde viel gesprochen. Wir erfuhren, dass auch dem Skalden der “Sturmkinder” weder die Ottajasko der “Sturmvögel”, noch ihre Sagas bekannt war. Ich durfte das Lied von Jandra Sturmkind, diesmal mit meiner Laute “Sirene”, erneut vortragen. Doch es fehlte uns die letzte Strophe. Das mißfiel dem Hetmann und seinem Skalden. Sie kannten beide nicht die Saga um die “Sturmvögel”-Ottajasko. Um sie nicht zu verärgern, mussten wir das Ottaskin [befriedete Bereich der Ottajasko] verlassen. Sie versprachen uns aber, beim nächsten mal zuzuhören, sobald wir das Lied zuende geschrieben hatten. Das wollten wir tun, bei Swafnir.

(An dieser Stelle beendeten wir den Spielabend)

Danke an Rike (Fenja), Stefan (Coran), Claas (Finn), Christian (Jinssei), Henning (Jorgan) und unseren Spielleiter Frerk.

Dirk Otto (Tjure) für Ludo Liubice

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