Das Schwarze Auge (4.1) Spielabend vom 17.12.2019 “Olport”
“Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinaus zu gehen. Du betrittst die Straße und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen.” J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe – Die Gefährten
Aus den Tagebücher, Liedern und Texten des thorwalischen Skalden Tjure Fenrirson, chronologisch und nach seiner Priorität geordnet:
“…Es waren Finn und Coran, deren Name über das Wasser schall. Deren starke Arme den Daimon den Garaus gemacht hatten, auf die der Blick der Schicksalsweberinnen fiel…”
22.Tag des Kornmonds [Rondra] im Jahr 2648 JL (nach Jurgas Landung) [1021 BF]
Noch in Auriler, in der Taverne “Bei Leomar”, sahen wir die alte Britgera. Wir baten Finn, unseren Gjaldskaper [Söldner], mit ihr zu sprechen. Er hatte am Vortag den ersten Kontakt mit ihr gehabt und unser Kamerad war ihr offenbar viel sympathischer erschienen, als wir anderen. Finn sprach die 73 Winter alte Frau an und erfuhr, dass sie zuletzt, vor sehr langer Zeit, von einem norbardischen Fellhändler von ihrem Bruder Sjörn gehört hatte. Der Händler übergab Britgera damals einen Brief, den sie heute nicht mehr besaß. Sie wiederholte den Inhalt grob. Im Brief stand, dass Sjören damals der Meinung war, die richtige Entscheidung getroffen hatte, mit der Hetfrau [gewähltes Oberhaupt einer Schiffsgemeinschaft] Jandra “Sturmkind” Havallasdottir auf ihrer Otta [Drachenboot] “Seetiger” mitgefahren zu sein. Es stand auch im Brief, dass alle an Bord der “Seetiger” wohlauf waren. In “Virport”, wollte Jandra mit ihren Leuten sich ausrüsten, für eine Winterfahrt in den Norden. “Virport”, so wusste ich, lag noch viel weiter nördlicher, als “Olport”, eine Stadt, die als nächstes Ziel auf unserer Liste stand. “Virport” lag im sogenannten “Neuhjaldingard”. Barbarische Gjalskerländer herrschten in diesem Gebiet. Mein Mentor und Lehrer Jora Svenson erzählte mir einst, die gjalskerländer Galdmader [Magier] waren in der Lage, Drauger [Geister] zu beschwören.
In der Taverne gab ich melodisch einen Teil der Phileasson-Saga mit meiner Laute “Sirene” wieder. Jorgan, unser Galdmader versuchte mit einem Hetman einen Handel abzuschließen. Er wollte Waren in Olport gewinnbringend verkaufen. Mit Tuche und Trockenfleisch, den vier Thorwalern an Bord und uns sechs Abenteurern, brachen wir nach Olport auf. Wir schafften einen großen Teil der Strecke, dennoch verbrachen wir die darauffolgende Nacht in einer Bucht, in der wir Rast machten.
23.Tag des Kornmonds im Jahr 2648 JL
“…Gefangen in einem Kerker aus Eis und Zorn, ruhelos, freudlos, alleine und verlassen. Alle Hoffnung geschwunden, alle Glut erstickt. Auf Messers Schneide, der Lauf des Schicksals. Swafnirs Ruf ertönt, folgt ihm zu den Waffen. Sechs werden kommen, sieben werden gehen. Freunde, Gefährten über den Tod hinaus. Sie folgen dem Lied der Runjas…”
“…dem Klang der Harfe folgend, reisten wir und fanden Freud und Leid. Sang der Runjas, wird er nimmer enden?…”
Das Lied über Jandra “Sturmkind”, von “Thure Garaldson” wurde oder sollte durch uns fortgesetzt werden, da waren wir uns sicher. Am Morgen wusch und rasierte ich mich. Wir reisten weiter mit unserer kleinen Otta, der “Seepferdchen”. Am Abend kamen wir in Olport an. In der traditionsreichsten Stadt der Thorwaler. Beeindrucken war der Anblick für uns alle, denn über der Stadt, auf einem Berg, thronte eine beeindruckende Burg. Wir landeten am Strand und mußten die Liegegebühr von einen Dukaten an den Hafenmeister abdrücken. Dann begaben wir uns in den Gasthof von “Selma Halmarsdottir”. Wir stellten uns der Wirtin vor, um uns ein Mahl und eine Übernachtungsmöglichkeit zu sichern. Ich selbst wollte für beides, meine lyrische und musikalische Kunst darbieten. Doch ich wurde eines besseren belehrt. In Selmas Gasthof traten die Skalden aus der Olporter Schule auf, um sich zu beweisen. Dafür zahlten sie sogar. Das bedeutete für mich, meine Zeche selber zu zahlen. Fenja übernahm die Aufgabe, auf unsere vier Thorwaler aufzupassen.
Es trat eine junge aber kräftige Skaldin aus der Skaldenschule auf. Sie hieß “Verana Lenisdottir” und sie sang das bekannteste Versepos von uns Thorwaler. Es war das Jurgalied. Und Verana sang alle 104 Sängen von den Geschehnissen rund um die legendäre Fahrt der Hjaldinger unter “Jurga Tjalfsdottir” nach Aventurien. Doch ich war überrascht. Ihre Version unterschied sich in Teilen, von der mir bekannten Saga, die mir damals Jora beigebracht hatte. Nach ihrer Vorstellung ging eine Mütze herum, in der alle Gäste und auch wir, ein paar Münzen hineinwarfen. Wir luden Verana zu uns an den Tisch. Dort durfte sie sich von unserem Speis und Trank bedienen. Sie erzählte uns, sie wäre Schülerin in der Skaldenhalla, innerhalb der “Runajasko” (der ältesten Akademie Aventuriens), die auch die berühmten olporter Galdmader ausbildete. Ich fragte sie nach ihrer Version des Jurga-Lieds und ich glaubte, sie war leicht empört, als ich ihr diese Frage stellte. Die Originalschrift des Jurga-Lieds befand sich in der Skaldenhalla. Und genau diese hatte sie gelernt und uns vorgetragen. Ich kann mich erinnern, dass ich das Lied nie “gelesen” hatte. Mir wurde das Lied mündlich beigebracht. So ein guter Lehrer war mein Mentor (möge er in Swafnirs Hallen friedlich ruhen) letztendlich wohl doch nicht.
Von Verana erfuhren wir, dass der Leiter der “Runajasko”, Haldrunir Windweiser hieß. Der Leiter der Skaldenhalla, innerhalb der Runajasko war Askir Vandradsson. Dort wurden alle wichtigen Schriften der Skalden und die niedergeschriebenen Sagas aufbewahrt. Wir verabschiedeten uns von Verana, zahlten unsere Zeche und gingen schlafen.
24.Tag des Kornmonds im Jahr 2648 JL
Jenssei wollte an diesem Tag auf die Jagd gehen. Wir Fünf begaben uns, nach einem Frühstuck, zu den Toren der “Runajasko”. Das mit hohen Holzpalisaden bewehrte Gelände befand sich auf der Vestanwindbodi [Westwindklippe]. Das Tor wurde von Gardisten bewacht. Diese ließen uns nicht hinein, da wir keine Einladung oder einen Termin nachweisen konnten. Wohl wegen unserer unglaubwürdigen Darstellung unseres Anliegens, blieben die Wachen hartnäckig. Uns blieb nichts übrig, als den Rückzug anzutreten und so begaben wir uns in den Swafnirtempel. Dieser war äusserlich wie ein Pottwal geformt. Im Inneren, in der Haupthalle, wo 100 Personen Platz hatten, waren die Wände mit Bildern aus den Anfangstagen der Kinder Hjaldingards [ursprüngliche Heimat der Thorwaler im Güldenland] bemalt. Dort konnte man, unter anderem, die Geschichte von der Überfahrt und Landung Jurgas und ihrer Getreuen bewundern. Dort sprachen wir letztlich mit dem Hochgeweihten des Swafnir [Gott aller Thorwaler], Starkad Erwiderer. Wir erklärten ihm unser Anliegen, die Saga von Jandra “Sturmkind” weiter zu erzählen und berichteten ihn von unserer visionären Reise. Ich lieh ihm mein zweites Buch mit den Notizen und der rekonstruierten Saga bis zu ihrem Skoggang. Dann sang ich ihm die neuen Strophen vor, mit Hilfe der Handharfe “Godsögnsvanir” [Legendensänger]. Offenbar war Starkad angetan und interessiert und er versprach uns zu helfen. Wir erfuhren von ihm, dass die Friedlosen und viele aus einem Skoggang oftmals zu den Olportsteinen, einer Inselkette, westlich von Olport, zogen. Wir baten ihm, uns bei der Runajasko zu empfehlen, damit wir Einlass bekommen und mit den Leitern “Haldrunir” und “Askir” sprechen konnten und ihnen die Handharfe “Godsögnsvanir” zu zeigen. Er sagte uns zu, wir könnten am darauffolgenden Tag die Runajasko besuchen. Er würde sich darum kümmern. Jenssei beendete seine Jagd erfolgreich. Coran wollte sich am Tag noch um seine Mission, eine Schriftrolle in Olport zu übergeben, kümmern.
Keiner von uns kam auf die Idee, die Wachen vor der “Runajasko” nach unserer Bekanntschaft, Verana Lenisdottir, zu fragen.
(An dieser Stelle beendeten wir den Spielabend)
Danke an Rike (Fenja), Stefan (Coran), Claas (Finn), Christian (Jinssei), Henning (Jorgan) und unseren Spielleiter Frerk.
Dirk Otto (Tjure) für Ludo Liubice